Westturmanlage des dreizehnten Jahrhunderts
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DIE WESTTURMANLAGE DES 13. JAHRHUNDERTS Taf. 27 Aus dem 13. Jhdt. sind in Österreich zehn Westturmkirchen erhalten, wozu noch der umstrittene Westturm des Benediktinerklosters von Kleinmariazell (Kat. NÖ Nr. 6) kommt.
Benedik-
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Kuchl (Kat. Sbg. Nr. 5) mit Vorhallenturm um 1200 und Taf. 39 Dorfbeueren (Kat. Sbg. Nr. 4) mit geschlossenem Fassaden-
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turm aus der 1. H. d. 13. Jhdts. wurden schon bei der "Salzburger Gruppe" des 12. Jhdts. behandelt. Der Westturm der Kirche von Güssing (Kat. Bgld. Nr. 1) aus der
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Zeit um 1200 gehört zum Typus des integrierten Turmes und wurde als spätes Beispiel dieses Typs im Zusammenhang mit der Propsteikirche in Zwettl erwähnt. Er ge-
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hört territorial,wie auch von der Ableitung her, zum ungarischen Raum. Den Übergang zwischen dem 12. und 13. Jhdt. bildet die Westturmkirche von Petronell
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(um 1200, Kat. NÖ Nr. 13) mit Vorhallenturm und ursprünglich im Westteil des Langhauses gelegener Galerieempore. Ebenfalls als Vorhallentürme, jedoch ohne nachweisbarem liturgischen Obergeschoß bzw. Empore,
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sind die Westteile der Pfarrkirche von Friedersbach
(Kat. NÖ Nr. 3) aus dem 13. Jhdt. und der Pfarrkirche
von S ieghartsk irchen (2. H. 13. Jhdt., Kat. NÖ Nr. 16) Tal. 74 ausgebildet. Letztere hat bereits ein gotisch profi-
liertes Trichterportal. Vermutlich kann auch der West-
turm der Pfarrkirche von Hof-Arnsdorf (Kat. NÖ Nr. 4), Taf. 63 vor oder um die 2. H. d. 13. Jhdts. erbaut, diesem Typus zugerechnet werden.
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Der geschlossene Typus wird durch den Fassadenturm der Filialkirche (ehemalige Kapelle eines Siechenhauses?) in Krems-Weinzierl (Kat. NÖ Nr. 10), vermutlich aus der
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2. H. d. 13. Jhdts., den seit der Gotik in ein dreischiffiges Langhaus eingezogenen Westturm der Pfarrkirche von Amstetten (Kat. NÖ Nr. 1) und den Wehrturm
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der Pfarrkirche von Drösing (Kat. NÖ Nr. 2) vertreten,
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wobei der Turm von Drösing um 1276 zu datieren ist. Das zahlenmäßig umfangreichste Verbreitungsgebiet der
Taf. 27
Westturmkirchen des 13.Jhdts. zeigt sich, wie im 12. Jhdt., in Niederösterreich, wobei der Schwerpunkt auf der einfachen Anlage ohne liturgischem Obergeschoß und mit achsialem Eingang liegt. Der Außenbau ist, bis auf Petronell, weiterhin ungegliedert, die Biforenfenster der Schallgeschosse bilden die einzige größere Durchbrechung der Mauermasse. Mit Ausnahme von Güssing herrscht der an die Westfront der Kirche angebaute Fassadenturm vor.
Hocheinstiege, diese bei den Burgkirchen der frühen "Niederösterreichischen Gruppe" festgestellte Eigenheit, fehle
n im 13. Jhdt. völlig. Der Grund dafür dürfte in einem anderen baulichen Verhältnis von Burg und Kirche liegen, wie überhaupt Burgkirchenanlagen außerhalb der Westturmgruppe den Ostturm über dem Chor oder Chorquadrat bevorzugen. Eine diesbezügliche Vorliebe für den Typus der Ostturmkirche mit turmartiger Burg oder Festem Haus und umgebenden Wall zeichnet sich im Waldviertel schon
1) 1150 ab, wie W. PONGRATZ und G. SEEBACH (1971) )
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meinen. Gemeinsam mit dem sog. "Burgenspringen", der örtlichen und höhenmäßigen Verlagerung der Burg im 12. und 13. Jhdt., werden Herrensitz und Kirche getrennt, wodurch der Hocheinstieg seine Funktion verliert. 2) Daraus mag ersehen werden, daß die Hocheinstiege weniger dem Wehr-zweck dienten, als der vom Vorbild der Aachener Pfalzkapelle abgeleiteten Kommunikation zwischen Herrenhaus und Kirche.
Das Neue am Westturm der "Niederösterreichischen Gruppe"
des 13. Jhdts. ist das Fehlen des liturgischen Obergeschosses und die plastische Betonung des achsialen Portals. Der Westturm erhält dadurch eine andere Bedeutung und ein anderes Gewicht in bezug auf die Kirche. Er wird zum Passageturm, der nun nichtmehr den Ort des in der Kapelle oder auf der Empore befindlichen Personenkreises bezeichnet, sondern als Torturm und Träger der "signa ecclesiae", der Glocken, dient. Das Verhältnis der gelagerten Masse der Kirche und
des vertikalen Turmes ändert sich dadurch nicht; der Turm wird zum weithin sichtbaren Zeichen des sakralen Zentrums innerhalb einer Siedlung. Wie sich zeigen läßt, haben diese Westturmkirchen weiterhin mindestens den Rang von Pfarrkirchen, sieht man vom kapellenartigen Bau der Filialkirche in Krems-Weinzierl ab. Dabei wird die Kirche von Petronell durch ihre Wandgliederung und den Emporenbau hervorgehoben.
Eine erste Kirche in Petronell, der Hl. Petronilla geweiht, damit namengebend für den Ort, bestand nach H. WOLF (1955) 3) schon im 11. Jhdt. 1038 gründeten die Markgrafen von Vohburg Kirche und Pfarre, in welche wahrscheinlich 1065 Re-
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liquien der Hl. Petronilla überführt wurden. 4) Wesentlichen Anteil hatte dabei die Witwe Kaiser Heinrichs III., Agnes, welche in Rom beim Kloster der Hl. Petronilla wohnte, die Reliquienstiftung veranlaßte und außerdem bis 1077 im Besitze Petronells war. Zwischen 1108 und 1121 wird die "ecclesia ad Sanctam Petronellam" dem Stift Göttweig übergeben. 1142 gibt Markgraf Diepold v. Vohburg den Besitz der Herrschaft Petronell an Kaiser Kon-
rad III. zurück, worauf dieser - auf Bitte des Vohburgers - die Herrschaft einem gewissen Hugo aus dem österr. Geschlecht der Liechtensteiner, einem Ministerialen der Babenberger, als freies Erbeigen überläßt. Petronell war bis zur Mitte des 13. Jhdts. im Besitz der Liechtenstei
ner und ging dann an die Herren von Kranichberg über. In die Zeit der Liechtensteiner fällt der noch heute bestehen-de Neubau der Pfarrkirche von Petronell. 5) M. SCHWARZ (1979) 6) schreibt diese Kirche dem Dietrich v. Liechtenstein zu, der als "de Sancta Petronella" mehrmals bis 1209 als Zeuge in Urkunden Herzog Leopolds VI. auftritt. Der später veränderte Bau besteht aus achsialem Westturm und Chorquadratkirche, von der Westempore hat sich ein Kapitell im Lapidarium des Schlosses Petronell erhalten.7)
Die Kirche kann nach M. SCHWARZ (1979) 8) in jene Gruppe von Ministerialenbauten des 13. Jhdts. eingeordnet werden, zu der Stiftungen von Familienkapellen der Familie Doerr in Deutsch Altenburg, Marquards des II. von Hindberg in Himberg und die Filialkirche von Wildungsmauer sowie der Karner bei St. Martin in Hainburg gehören. Mit Einschränkung der Forschungslage kann auch die Pfarrkirche von
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Schöngrabern (Kuenringerstiftung?) hinzugezählt werden. Charakteristisch für diese Gruppe sind die Art der Wandgliederung durch einfach geschichtete Lisenen und Rund-
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bogenfriese, die schweren Bandrippengewölbe im Chorquadrat (Petronell) und die streifenartig zusammengesetzten Kapitelle an den Gewölbeträgern. Im Zusammenhang mit den "kqitell- und kämpferlosen Portalen", die R. K. DONIN (1915) 9) zu einer Einheit zusammenfaßte und die sich
im Deutsch Altenburger Umkreis finden, wäre ein ähnliches Portal am Turm von Petronell anzunehmen. Der trotz barokkem Umbau noch äußerst schmale Durchgang in Petronell läßt dies vermuten. Ein weiterer gemeinsamer Aspekt der Deutsch Altenburger Gruppe betrifft den Steinschnitt der Quadern und die strengen Proportionen des Grundrisses, welche nach T. BOGYAY (1953) 10) vor allem bei ungarischen Kirchen des 12. Jhdts. festgestellt werden können. Aus den hier faßbaren engen Beziehungen zu Ungarn hat M. SCHWARZ (1981) 11) geschlossen, daß diese Gruppe im regen Austausch mit den dortigen Werkleuten entstanden war. Im Verhältnis zur gleichzeitigen Bautätigkeit des Landesfürsten zeigt die Grupp
e der Ministerialenstiftungen ausgesprochen altertümliche Formen, die kaum von den modernen Architekturformen in Klosterneuburg (Capella Speciosa) und Zwettl (Zisterzienserkloster) berührt wer-den. Ein ähnlich konservatives Stilwollen kommt in den nicht vom Landesfürsten gestifteten Klosterkirchen zum Ausdruck, wie etwa in Wilhering. 12)
Vergleicht man den Typus des Westturms von Petronell mit den Westtürmen des 12. Jhdts., fällt auch hier eine ge-
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wisse Altertümlichkeit auf, denn im Grunde genommen gehört die Verwendung einer mit dem Turm in Verbindung stehenden Empore noch der älteren "Niederösterreichischen Gruppe" an. Durch das zu rekonstruierende schmale Portal wirkt die West-wand des Turmes von Petronell weitaus geschlossener, als
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dies bei Turmportalen des 13. Jhdts. zu erwarten wäre. So öffnet sich im Gegensatz zu Petronell das Turmportal von Kuchl (Kat. Sbg. Nr. 5) aus der Zeit um 1200 relativ weit
Taf.39, 40
in die Turmhalle. Der Trichter des bereits spitzbogig profilierten Portals der Pfarrkirche von Sieghartskirchen
Taf. 74
(Kat. NÖ Nr. 16) nimmt nahezu die gesamte Breite des Turmes ein. Die leider stark abgewitterten Tellerbasen und Rundwülste mit Hornendigungen weisen das Portal und den Turm als ein Werk des 3. Drittels d. 13. Jhdts. aus.
Zeitlich zwischen Petronell und Sieghartskirchen liegt das Westportal des Benediktinerklosters von Kleinmaria-
Tat. 65
zell (Kat. NÖ Nr. 6). Die dreischiffige Basilika mit Stützenwechsel des 2. Drittels d. 12. Jhdts. wurde nach M. SCHWARZ (1981) 13) noch vor 1250 umgebaut und u. a. das Westportal mit seinen vierfach abgestuften Gewänden mit verschieden profilierten Rundstäben und Hornendigungen ausgeführt. Die Frage jedoch, ob über den relativ mächtigen Mauern ursprünglich ein Westturm aufragte, bleibt ungewiß. 14) Als hypothetische Westanlage besäße sie die gleichen
Stilelemente eines weit geöffneten Vorhallenturmes wie in Sieghartskirchen, mit dem Unterschied, daß sich das Portal wie in Kuchl innerhalb der Turmhalle befände.
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über die Art der Portalöffnung in Hof-Arnsdorf (Kat. NÖ Nr. 4) ist nichts überliefert, der Turm wird durch ein Fresko vor oder um die 2. H. d. 13. Jhdts. datiert. 15)
Die stilistische Entwicklung der Turmportalöffnungen im
13. Jhdt. zeigt, daß in der "Niederösterreichischen Gruppe" zunächst noch die schmale Öffnung des Turmes vorherrscht, die um die Jahrhundertmitte durch reich profilierte Portale geöffnet wird. Aus dieser Sicht dürfte der Vorhallen-
turm von Friedersbach (Kat. NÖ Nr. 3) mit seinem kleinen
Taf.62/1 vermauerten Rundbogenportal noch in der 1. H. d. 13. Jhdts.
erbaut worden sein.
Der geschlossene Turmtypus des 13. Jhdts. unterscheidet sich nicht von dem des 12. Jhdts. Die Zuordnung als Bauwerk des ausgehenden Hochmittelalters erfolgt bei der Pfarrkirche
von Amstetten (Kat. NÖ Nr. 1) aufgrund der Bausubstanz und
Taf.61/1 der dreischiffigen Staffelkirche des 14. Jhdts. als termi-
nus ante quem. Die Filialkirche von Krems-Weinzierl (Kat. NÖ Nr. 10) hat im Glockengeschoß noch romanische Biforenfenster. Die Kirche dürfte früher, wie St. Johann auf der Siechenals in Wien, eine Spitalskirche gewesen sein, sie
lag auch ursprünglich vor der Stadt Krems. In St. Johann auf der Siechenals befanden sich vor Abbruch der Kirche im 19. Jhdt. am Chorflankenturm ähnliche Biforenfenster wie in Krems-Weinzierl, die eine nähere Datierung dieser Kirche um die Mitte des 13. Jhdts. nahelegen. 16) Die einzige Westturmanlage, welche aus dem Schema des 13. Jhdts. abweicht, ist die der Pfarrkirche von Drösing (Kat. NÖ Nr. 2).
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Sie gehört mit ihrem Erbauungsdatum von 1276 bis 1294
Taf.61/2
zeitlich bereits dem Übergang zur Gotik an, ist aber deshalb von Bedeutung, da sich hier der einzige romanische Westturm mit nachweisbarer Wehranlage befindet. Kennzeichnend für diese Funktion sind die Trennung der Turmgeschosse durch Tonnengewölbe, die in die Mauerstärke verlegte Treppe und die breiten Fensternischen, welche den Zugang zu den schmalen Schlitzfenstern (= Schießscharten) ermöglichen. Die Plattform des letzten Turmgeschosses und der steinerne Turmhelm wurden ers
t anläßlich des Kirchenneubaus von 1796 errichtet. Zusätzlich zur Turmbewehrung waren die Kirche und der Friedhof von einer Mauer mit Eckrondellen umgeben, die nicht vor die Mitte des 15. Jhdts. zurückgeht. Davor lag ein Wassergraben. 17)
Kirche und Ort Drösing haben eine bewegte Geschichte vor-zuweisen. Als weitere Mutterpfarre der Ungarnmark bestand eine Kirche vermutlich schon um die Mitte des 11. Jhdts. 18) Nach R. BÜTTNER (1982) 19) kam Drösing von den Hochfreien von Pernegg vor 1179 an die Babenberger. Zu Beginn des 13. Jhdts. gab Herzog Leopold VI. das Patronat der Pfarre an das von ihm gestiftete Armenspital in Krems und mit diesem gelangte es 1212 an die Stiftung Lilienfeld. Um die Mitte des 13. Jhdts. sind die Kuenringer Grundherren in Drösing, wobei um diese Zeit auch die Verlegung des Ortes aus den sumpfigen Marchauen an die heutige Stelle erfolgte. Noch 1276 lag die Kirche von Drösing "extra oppidum in loco remotiori veluti valude circumdata" und wurde auf Betreib
en Leutolds und Heinrichs von Kuenring spätestens bis 1294 im
1
verlegten Ort errichtet. 19a)
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Die beiden Extrembeispiele von Petronell und Drösing - das eine noch zu Beginn des 13. Jhdts. durch seine Verbindung mit einer Empore auf die Ministerialenarchitektur des 12. Jhdts. zurückweisend, das andere am Übergang zur Gotik die Zweckarchitektur einer Wehrkirche darstellend - zeigen den Umschwung und Bedeutungswandel bei den Westturmkirchen des 13. Jhdts. Die Ursachen dafür sind in der gesamthistorischen Entwicklung und einem geänderten Verhältnis zwischen Landesfürst und Ministerialen als Bauherren zu suchen. M. SCHWARZ (1981) 20) verwies darauf, daß im Gegensatz zu den Babenbergern die Ministerialen durch den wirtschaftlichen Druck der Kriegslasten und die wirtschaftliche Konkurrenz der Städte bereits unter Leopold VI. an Macht und Einfluß verlieren. Künstlerisch drückt sich dies in der Art der von Ministeria-
len geförd
erten Objekte aus, es werden nun lediglich kleinere Bauten,wie Privatkapellen (Himberg) oder Karner (Hainburg), errichtet, die eigentlich den intimen Charakter von Seelgerätstiftungen haben. Auch der nahezu "eigenkirchliche" Status der Ministerialenbauten des 12. Jhdts. sinkt im 13. Jhdt. zur Patronatskirche ab. 21) Vergleicht man damit die Bautätigkeit in Ungarn, Böhmen und Mähren, so fällt auf, daß z. B. gerade im 13. Jhdt. die Hochblüte der ungarischen Sippenklöster eintritt. 22) Desgleichen zeigen
Taf. 88
die "Ideogramme" bei A. TOMASZEWSKI (1974) 23), daß die meisten Westturmkirchen mit Emporen oder Kapellen in diesen Ländern dem 13. Jhdt. angehören.
Waren im 12. Jhdt., wie gezeigt wurde, bei der "Nieder-österreichischen Gruppe" die Kirchenpatronate der Westturmkirchen fast ausschließlich mit dem Umkreis der Baben-
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berger oder ihrer hohen Ministerialen verbunden, so ändert sich dies im 13. Jhdt. wesentlich. Petronell folgt zunächst mit dem Patronat der Liechtensteiner, MinisterialenLeopolds VI., der Tradition des 12. Jhdts. Ähnliches kann von Friedersbach gesagt werden. Die Kirche, 1159 durch den Bischof von Passau zur Pfarrkirche erhoben, war Mittelpunkt der kleinen Herrschaft Lichtenfels. Ab 1200 haben die Herren von Rauheneck, genannt die Tursen, bis 1335 das landesfürstliche Lehen Lichtenfels besessen. 24) Kleinmariazell war in doppelter Hinsicht mit dem Landesfürsten verbunden: 1136 durch Markgraf Leopold III. als Stiftung Heinrichs und Rapotos von Schwarzenburg-Nöstach gegründet und 1237 /38 neuerdings durch Herzog Friedrich d. Streitbaren gefördert und erweitert. 25)
Die Pfarre Amstetten hingegen war im 13. Jhdt. bischöflichpassauischer Besitz, der Markt, Mitte 13. Jhdt. genannt, gehörte ursprünglich dem Hochstift Freising. 26) Hof-Arnsdorf mit Mitterarnsdorf und Oberarnsdorf geht auf eine salzburgische Gründung des 9. Jhdts. zurück (Arn, Erzbischof v. Salzburg!) und war bis zur Aufhebung des geistlichen Reichsfürstentums (1803) Sitz der salzburgischen Pfleger. 27) Sieghartskirchen geriet schon im 11. Jhdt. als Königsgut Heinrichs III. über dessen Onkel, Bischof Gebhard III. von Regensburg, in den Lehensbesitz der Domvögte von Regensburg bzw. der Grafen von Sulzbach. 1188 starben die Sulzbacher aus, die Kirche kam an die Erbtochter Elisabeth v. Ortenburg, die als Laienschwester 1228 die Pfarre Sieghartskirchen mit Patronatsrechten und Vogtei an das bayerische Kloster Baumburg an der Alz übergab.28)
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Drösing gehörte zwar zu den Kuenringern, entstand aber bereits in der Zeit des Interregnums bzw. unter dem ersten Habsburger R
udolf I. 29)
Die Gegenüberstellung der besitz- und patronatsrechtlichen Situation und des neuen (Vorhallen-) Turmtypus ohne Empore zeigt, daß die Wende im Westturmkirchenbau Niederösterreichs schon zu Anfang des 13. Jhdts. einsetzt, also mit Leopold VI., und vollends um die Jahrhundertmitte, d. h. dem Tod des letzten Babenbergers Herzog Friedrich d. Streitbaren (1246), abgeschlossen war. In Salzburg und den abhängigen Gebieten trat dieser Prozeß wahrscheinlich bereits im 12. Jhdt. ein, da hier die Patronatsherren vom Erzbischof abhängig waren. Daraus läßt sich erkennen, daß in Österreich der architektonische Wandel der Westturmkirchen vom 12. zum 13. Jhdt., ebenso wie der symbolische Wandel, im wesentlichen mit der veränderten Stellung des Patronatsherrn zusammenhängt.
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DIE WESTTURMANLAGE DES 13. JHDTS.
1) W. PONGRATZ u. G. SEEBACH (1971): Burgen und Schlösser in Niederösterreich III/1, Waldviertel, Wien 1971, S. 10
2) Hocheinstiege mit Verbindung zur "Herrenkurie" befinden sich vor allem in Böhmen; in Ungarn u. der Slowakei wird auf diese Form verzichtet. In Polen sind einige Kirchen innerhalb der Burgwälle situiert. Vgl.: W. BIRNBAUM (1929): Romänske emporove Kostely v Cechäch, in: Sbornik k sedmdesätym narozeniäm K. B. Mädla, Praha 1929, S. 49ff;
V. MENCL (1965): Panske tribuny v nasi romänske architekture, in: Umeni XIII, 1965, S. 29ff;
G. ENTZ (1959): Westemporen in der ungarischen Romanik, in: Acta Historiae Artium VI, 1959, S. 1ff;
A. TOMASZEWSKI (1974): Romanskie Ko"scioly z Emporami Zachodnimi na obszorze Polski, Czech, W9gier, Warszwa - Krakow - Gdansk 1974
3) H. WOLF (1955): S. 391f
4) R. K. DONIN (1951): Die Rundkirche von Petronell, in: Zur Kunstgeschichte Österreichs, Wien 1951, S. 84ff, insb. S. 97 mit Anm. 42;
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E. KLEBEL (1933): Altenburg und Hainburg, in: MIÖG 47, 1933, S. 57ff; HIST 1 (1970): S. 463f
5) R. BÜTTNER (1964): Burgen und Schlösser an der Donau, Wien 1964, S. 166ff
6) M. SCHWARZ (1979): S. 44f
7) M. SCHWARZ (1976): Die Architektur der Spätzeit (1200 - 1246), in: 1000 Jahre Babenberger in Österreich, Katalog d. NÖLM Nr. 66, Wien 1976, S. 512ff, S. 514f, Kat. Nr. 933 b;
J. GRUBMÜLLER (1965): Geschichte der Marktgemeinde Petronell, Petronell 1965, S. 216ff
8) M. SCHWARZ (1979): S. 44
9) R. K. DONIN (1915): Romanische Portale in Niederösterreich, in: Jb. d. kunsthist. Institutes d. k. k. Zentral-Kommission f. Denkmalpflege 9, Wien 1915, S. 1ff
10) T. BOGYAY (1953): Normannische Invasion - Wr. Bauhütte - Ungarische Romanik, in: Wandlunge
n christl. Kunst im Mittelalter, Forschungen zur Kunstgeschichte u. christl. Archäologie 2, Baden Baden 1953, S. 273ff
11) M. SCHWARZ (1981): Studien zur Klosterbaukunst in Österreich unter den letzten Babenbergern, Wien 1981, S. 127 u. S. 139
12) M. SCHWARZ (1976): S. 512f
13) M. SCHWARZ (1981): S. 114
14) Vgl. Katalog NÖ Nr. 6
15) E. LANC (1983): Corpus der mittelalterlichen Wandmalereien Österreichs, Bd. 1: Wien und Niederösterreich, Wien 1983, S. 105, Abb. 160f; Lanc datiert das Fresko (Jüngstes Gericht) an der heutigen Nordwand des ersten südl. Seitenschiffjoches Ende 13. Jhdt., der Turm ist aber älter.
16) W. BRAUNEIS u. R. PERGER (1977): Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens, Wien - Hamburg 1977, S. 258ff; ÖKT 1: S. 16
17) K. KAFKA (1969): Wehrkirchen Niederösterreichs, Bd. I, Wien 1969, S. 42ff
18) H. WOLF (1955): S. 356ff; HIST 1 (1970): S. 233
19) R. BÜTTNER (1982): S. 82ff
19a) R. BÜTTNER (1982): S. 82
20) M. SCHWARZ (1981): S. 126
21) Zum Patronatsrecht vgl.: H. FEIGL (1977): Entwicklung und Auswirkungen des Patronatsrechtes in Niederösterreich, in: Jb. f. Landeskunde von Niederösterreich NF 43, 1977, S. 81ff;
P. LANDAU (1975): Jus patronatus, in: Forschungen zur kirchlichen Rechtsgeschichte und zum Kirchenrecht 12, Köln 1975.
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Über das Anrecht auf einen abgesonderten Kirchenstuhl an besonderer Stelle s. H. FEIGL (1977): S. 87, honor sedis, "Durch diesen Anspruch sind die des öfteren noch heute vorhandenen Herrschaftsoratorien im Bereich des Altarraumes entstanden."
Eine Vorstufe dazu dürften die im 14. Jhdt. so häufigen gotischen Kapellenanbauten beim Chor sein, welche den honor sedis mit dem jus sepulturae verbinden. Vgl. R. WAGNER-RIEGER (1959): Gotische Kapellen in Niederösterreich, in: Festschr.K. M. Swoboda, Wien 1959, S. 273ff
22) G. ENTZ (1959): s. Anm. 2) u. G. ENTZ (1983): Zur Frage der Westemporen in der mittelalterlichen Kirchenarchitektur Ungarns, in: Architektur des Mittelalters - Funktion und Gestalt, hsg. v. F. Möl;bius u. E. Schubert, Weimar 1983, S. 240ff, insb. S. 245; Zur Funktion der Westemporen bei ungarischen Sippenklöstern, z. B. in Jäk (1220 - 1256), s. G. ENTZ (1975): Die Wandmalereien der Westempore in Jäk, in: Beiträge zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege, Wien - Stuttgart 1975, S. 172ff
23) A. TOMASZEWSKI (1974): Ideogramme nach S. 328
24) W. PONGRATZ u. G. SEEBACH (1971): S. 72 H. WOLF (1955): S. 293
25) M. SCHWARZ (1981): S. 114
26) F. EPPEL (1968): Die Eisenwurzen, Land zwischen Enns, Erlauf und Eisenerz, Salzburg 1968, S. 53f; HIST 1 (1970): S. 197f; H. WOLF (1955): S. 178
27) R. BÜTTNER (1973): Burgen und Schlösser in Niederösterreich, Dunkelsteiner Wald, Wien 1973, S. 106f;
ÖKT 1, Krems, Wien 1907, S. 70f;
HIST 1 (1970): S. 426f; H. WOLF (1955): S. 143
28) R. BÜTTNER (1973): Burgen und Schlösser in Niederösterreich, Dunkelsteiner Wald, Wien 1973, S. 55ff
29) R. BÜTTNER (1982): S. 83
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